Joana Mallwitz - Momentum

Natürlich weckt man so die Aufmerksamkeit: Eine Frau steigt zur künstlerischen Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin auf. Eine junge Frau zudem, gerade 37-Jahre alt und bereits 2019 zur Dirigentin des Jahres gewählt. Blond, gut aussehend und zudem mit einem gewinnenden Wesen ausgestattet. So also lenkt ein Regisseur Blicke, schürt die Neugier auf sein Porträt einer Künstlerin. Doch dann, dann spielt das Eyecatchen, das Nachdenken über die Rolle einer Frau in der Musikwelt und das Alter eher eine Nebenrolle. Günter Attelns Doku JOANA MALLWITZ - MOMENTUM folgt mit der Kamera einem Menschen, der die Musik liebt und in ihr aufgeht. Wie sie morgens am Frühstücktisch die Partitur liest, wie sie ihrem Orchester erklärt, dass es irgendwie um Leben und Tod geht, wenn sie spielen. Der Filmemacher kommt der Dirigentin nahe, man hört sie atmen, wenn sie am Pult das Orchester führt. Sie ist mit ihrem Sohn zu sehen und mit ihrem Mann, dem Tenor Simon Bode. Termine gilt es zu koordinieren und einzuhalten, ein Wasserschaden ist in der Wohnung zu reparieren. Atteln zeigt die Dirigentin als beredte Erklärerin der Werke. Während der Corona-Zeit hatte sie dafür sehr schön anzuschauende Videos mit ihrem Orchester gedreht. Die Biographie folgt den wesentlichen Stationen, der Kindheit in Hildesheim, der wegweisenden Begegnung mit Schuberts "Unvollendeter", der Zeit als Generalmusikdirektorin am Staatstheater Nürnberg und ihrem bewegenden Abschied von dieser großen Bühne. Atteln hatte damals bereits seine Dreharbeiten begonnen und selbst ein perfektes Momentum erwischt: Joanna Mallwitz' Berufung nach Berlin. Ihr Debüt mit Mahlers 1. Sinfonie wird so zum Abschluss und Höhepunkt des vielschichtigen Porträts über einen Menschen mit Taktstock, der über sich sagt: "Wenn ich ein Leben lang Dirigent gewesen sein werde, werde ich am meisten über mich selbst herausgefunden haben."

Deutschland 2024

Regie: Günter Atteln

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Ab 0 Jahren  |  92 Minuten