In die Sonne schauen
Die Meldung fand unmittelbar ihren Platz in den Hauptnachrichten: Eine Deutsche hat den Regiepreis beim Filmfest in Cannes gewonnen. Mascha Schilinski wurde auf der Croisette für ihren Vier-Frauen-Film IN DIE SONNE SCHAUEN gefeiert. Es war überhaupt das erste Mal, dass eine deutsche Regisseurin einen Hauptpreis in Cannes gewann, und das Festival ließ 2025 bereits zum 78. Mal die Lichter auf der Leinwand leuchten.
Von Sensation war die Rede. Da aber ging es weniger darum, dass eine Frau aus Deutschland auf die Bühne gerufen wurde. Vielmehr sorgte für Staunen, was die Regisseurin in ihrem zweiten Spielfilm wagte: Über vier Generationen und mehr als 100 Jahre spannt sich der Erzählstrang, der nun gar kein roter Faden ist.
Das Drama wechselt assoziativ die Zeitebenen, verwebt die Geschichten miteinander, stellt magische Bezüge her. Heimliches kommt ans Licht - und Unheimliches. Seltsam verbunden über die Zeiten hinweg durch einen bestimmten Raum. Denn was passiert, passiert auf dem Vierseithof in der Altmark. Hier entdeckt in den Tagen vor dem Ersten Weltkrieg die siebenjährige Alma (Hanna Heckt) auf einer Daguerreotypie, dass sie ihrer toten Schwester erschreckend ähnlich sieht. Sogar ihren Namen trägt sie. Hier fühlt sich Erika (Lea Drinda) während des Zweiten Weltkriegs auf absonderliche Weise von ihrem Onkel Fritz angezogen. Hier flirtet Angelika (Lena Urzendowsky) mit ihrem Cousin. Die 1980er-Jahre sind angebrochen, und der Hof liegt nun in der DDR. Ein Polaroidfoto weckt die Erinnerung an Alma. In der Gegenwart will die Berlinerin Nelly (Zoë Baier) den verfallenen Hof wieder aufbauen und weckt die Geister der Vergangenheit.
Der guten Ordnung halber: IN DIE SONNE SCHAUEN wurde als deutscher Beitrag für die Oscars eingereicht.
Deutschland 2025
Regie: Mascha Schilinski
Darsteller: Lena Urzendowsky, Luise Heyer, Susanne Wuest u.a.