Cranko

John Crankos (Sam Riley) Leben (und auch sein dramatischer Tod) hatte Märchenhaftes. Sogar ein veritables Wunder kommt vor: das Stuttgarter Ballettwunder. Ein Brite im Schwabenland setzte es ins Werk. Cranko weckte die Kompanie in den 1960er Jahren auf und führte sie an die Weltspitze. Ein bisschen was von Aschenputtel kommt ebenfalls vor. Als John Cranko 1960 für eine Gastinszenierung in Stuttgart ankam, war er ein Verfemter. In London bekam der damals 33-Jährige kein Bein mehr auf die Erde. Seine offen gelebte Homosexualität machte ihn zum "Aussätzigen". Aus einem Gastspiel wurde eine Festanstellung, aus einer Kompanie in Baden-Württemberg ein Ensemble, dessen Auftritte international gefeiert wurden. Ausgerechnet im biederen Stuttgart fand Cranko seine Freiheit. Künstlerisch und auch privat. Stehende Ovationen beendeten Premieren wie die von "Romeo und Julia" oder später "Onegin".

Die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze. Joachim A. Lang sieht das ganz anders. 51 Jahre nach dem plötzlichen Tod des Choreographen und Lebemann verbindet er Wirken und Wesen von John Cranko zu einer furiosen Hommage. Sein Biopic CRANKO, für das er auch das Drehbuch schrieb und eine der Rollen übernahm, nimmt mit auf die Bühne, lässt spüren, wie revolutionär die Vision des Briten in den biedermeierlichen 1960er Jahren gewesen sein muss. Der dauerrauchende Choreograph arbeitet wie beseelt mit seiner Kompanie. Die großartigen Tanzszenen, aufgenommen mit dem aktuellen Ensemble in Stuttgart, sind eine ganz eigene Verbeugung vor John Cranko.

Deutschland 2024

Regie: Joachim A. Lang

Darsteller: Sam Riley, Max Schimmelpfennig, Hanns Zischler u.a.

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Ab 12 Jahren  |  134 Minuten