Nostalgia

Wie lange ist es her, dass Felice seine Heimatstadt Neapel verlassen hat? 40 Jahre sind es wohl. Nach Ägypten ist er ausgewandert. Geheiratet hat er dort. Sogar zum Islam ist er übergetreten. Jetzt kehrt er zurück in das verarmte Rione Sanità, wo er aufgewachsen ist. Er will seine Mutter besuchen. Die Rückkehr bedeutet ihm weit mehr als ein Familienbesuch. Sie wird zu einem Eintauchen in die Vergangenheit. Dem Priester Don Luigi beichtet Felice, dass er als Jugendlicher mit seinem Freund Oreste bei einem Diebstahl einen Händler getötet hat. Luigi warnt ihn, sich mit Oreste zu treffen. Der Kumpel von einst ist zu einem hohen Tier in der Camorra aufgestiegen. Die Warnung verhallt ungehört.
Vorweg: Mario Martones Drama NOSTALGIA ist großartig gespielt. Aber darum soll es hier nicht gehen. Die Verfilmung von Ermanno Reas Roman, die im Wettbewerb von Cannes zu sehen war, hat weitere Qualitäten. Martones atmosphärisch dichter Film erinnert daran, dass Erinnerungen trügen. Es war früher nicht alles schön, auch wenn es die Bilder im Kopf oder die Fotos in der Brieftasche suggerieren. Der Heimatfilm zeigt deshalb die Rückblenden körnig wie Super-8-Aufnahmen mit verwaschenen Farben und im 4:3-Format. Die volle Fläche der Leinwand nimmt dann die Gegenwart ein. Oreste ist inzwischen ebenfalls alt geworden. Nichts ist mehr so wie es ohnehin nie war.